EU-Whistleblower-Richtlinie: Für tausende Unternehmen rückt der Stichtag im Jahr 2021 bedrohlich nahe
Fast ein Jahr nach der Verabschiedung durch das Europäische Parlament haben mehr als die Hälfte der 27 Mitgliedsstaaten der EU begonnen, die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern durch nationalen Gesetzen umzusetzen. Jetzt bleiben nur noch 15 Monate bis zum Stichtag für die Umsetzung. Die Zeit drängt somit nicht nur für die Gesetzgeber, sondern auch für die Organisationen, die die neuen Regelungen befolgen müssen.
Die Richtlinie wirkt sich auf hunderttausende Organisationen sowie kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in ganz Europa aus, die mehr als 50 Personen beschäftigen. Allerdings werden die, die 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder mehr haben, die Ersten sein, die die neuen Vorgaben erfüllen müssen.
Was die Richtlinie für betroffene Organisationen bedeutet
Bei der Richtlinie geht es um den ausdrücklichen Schutz eines breiten Spektrums an Whistleblowern, die Verstöße gegen das EU-Recht melden. Für Organisationen heißt dies im Umkehrschluss, dass ihnen eine Reihe von rechtlichen Verpflichtungen auferlegt wird, beispielsweise die Bereitstellung sicherer Meldekanäle (wie Whistleblower-Websites und -Hotlines) – um eine der bedeutendsten zu nennen. Die Richtlinie legt ausdrücklich fest, diese Kanäle müssen:
„sicher konzipiert, eingerichtet und betrieben werden, dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers und Dritter, die in der Meldung erwähnt werden, gewahrt bleibt und nicht befugten Mitarbeitern der Zugriff darauf verwehrt wird“
- Artikel 9, RICHTLINIE (EU) 2019/1937 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
Betroffene Organisationen müssen außerdem:
- die Beschäftigten über die verfügbaren Meldewege aufklären,
- Maßnahmen einführen, durch die Whistleblower vor der Kündigung, Herabstufung und anderen Arten von Vergeltung geschützt werden,
- eine Person oder ein Team bestimmen, dass unparteiisch und kompetent ist und die Meldungen erhält sowie weiterverfolgt,
- auf Meldungen innerhalb von drei Monaten reagieren und diesen nachgehen.
Öffentliche sowie private Organisationen und KMU mit 50 oder mehr Beschäftigten werden diesem Gesetz unterliegen, jedoch müssen lediglich die, die 250 oder mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die Vorgaben ab Dezember 2021 erfüllen. Werden lediglich 50-249 Personen beschäftigt, ist die Frist für die Erfüllung der Vorgaben zwei Jahre länger.
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Langsame Umsetzung auf nationaler Ebene sorgt für Unkenntnis
Die Richtlinie muss bis zum Dezember 2021 von jedem einzelnen Mitgliedsstaat in nationales Recht umgesetzt werden. Jede länderspezifische Version der Gesetzgebung wird sich wahrscheinlich in einigen Einzelheiten unterscheiden. Das vorrangige Ziel der Richtlinie sollte jedoch stets berücksichtigt sein: EU-weit für einen grundlegenden Schutz für Whistleblower zu sorgen.
Trotz allem ist davon auszugehen, dass relativ viele Organisationen, die die Vorgaben in Zukunft erfüllen müssen, vermutlich erst nach der Umsetzung auf nationaler Ebene Kenntnis über diese Tatsache erlangen, da dies auch vor dem Inkrafttreten der EU-DSGVO der Fall war.
In Schweden wurden bereits bedeutende Fortschritte gemacht. Am 29. Juni 2020 hat ein Untersuchungsausschuss einen Monat früher als geplant einen 802-seitigen Bericht präsentiert, in dem Vorschläge für die Umsetzung enthalten sind. Das vorgeschlagene Datum für die Inkraftsetzung ist der 1. Dezember 2021.
Unsere dänischen Nachbarn wurden hingegen von der durch den Coronavirus ausgelösten Pandemie im Umsetzungsprozess zurückgeworfen (ebenso wie die portugiesische Regierung). Die Dänen erwarten genau wie die Finnen, dass der Vorschlag für die Umsetzung im Frühjahr 2021 fertig sein wird.
In der Republik Irland hat die öffentliche Beratung im Juni begonnen, während Lettland die Öffentlichkeit im Juli dazu eingeladen hat, Verbesserungen für die eigene Whistleblowing-Gesetzesvorlage vorzuschlagen. Im selben Monat hat Sloweniens Justizministerium wiederholt betont, dass es die Umsetzung der Richtlinie gerne zur Priorität machen möchte. Zudem haben Bulgarien, Estland und Griechenland im Laufe des Jahres 2020 alle bereits Schritte zur Umsetzung eingeleitet.
In anderen Teilen Europas wird die Umsetzung weiterhin heftig diskutiert. In Deutschland haben parteiinterne Machtkämpfe weitere Fortschritte verzögert. Währenddessen wurden verschiedene Alternativen in Spanien vorgelegt und mindestens ein Vorschlag durch den Kongress abgelehnt. Der tschechische Entwurf wurde mittlerweile stark von der Opposition und Nicht-Regierungsorganisation kritisiert.
Die verbleibenden Mitgliedsstaaten, wie u. a. Italien, Belgien und Österreich haben wenige oder gar keine Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht gemacht. Frankreich gehört zwar auch in diese Gruppe, das schon bestehende Gesetz, Sapin II, schreibt Unternehmen mit über 50 Beschäftigten jedoch bereits einen Whistleblowing-Kanal vor.
Bedeutende Schritte zur Erfüllung der Richtlinie
Auch wenn viele EU-Länder noch mit der Umsetzung beginnen müssen, gibt es keinen Grund für Organisationen, nicht schon jetzt die ersten Schritte auf dem Weg zur konformen Umsetzung zu gehen.
Die offensichtlichste und dringlichste Anforderung – die Einführung eines vertraulichen Meldekanals – ist vermutlich der einfachste und unkomplizierteste Schritt für diejenigen, die noch keine Lösung parat haben.
Für mittlere sowie große Organisationen oder die, die höhere Risiken und komplexere Compliance-Anforderungen haben, ist eine unternehmensübergreifende Lösung, die das gesamte Spektrum an Richtlinien sowie Verhaltenskodizes in einer Plattform bereitstellen kann, vermutlich die beste Lösung. Ein solches System hilft Ihnen nämlich, dafür zu sorgen, dass Ihre Schulungen, Kenntnisse und Verpflichtungen, die mit der Richtlinie einhergehen, nahtlos in Ihrem Meldeprozess integriert und aufeinander abgestimmt werden.
Eine sichere Lösung die online gekauft und in wenigen Stunden eingeführt werden kann – wie die neue betriebsbereite Lösung von WhistleB – wird auch in kleinen und mittleren Unternehmen, die erst kürzlich mit der Umsetzung von Compliance-Vorgaben begonnen haben, die Konformität mit den zentralen Anforderungen der Richtlinie gewährleisten.
Compliance als Motor des Erfolges
Ganz gleich, für welchen Weg sich Organisationen auch entscheiden, es lohnt sich zudem die Einführung eines Systems in Betracht zu ziehen, das nicht nur einfache Gesetzeskonformität bietet, sondern darüber hinaus geht.
Unabhängige Studien der George Washington University hoben den Zusammenhang zwischen der ausgeweiteten Nutzung von Meldesystemen und der verbesserten Geschäftsentwicklung hervor. Die erfolgreichsten Organisationen erkennen ihre Whistleblowingsysteme de facto als wichtige Instrumente an, die Risiken schmälern und Vertrauen unter der Belegschaft schaffen, denn durch diese Systeme kann mögliches Fehlverhalten einfacher frühzeitig aufgedeckt werden.
Je näher der Stichtag im Dezember 2021 kommt, desto mehr Organisationen werden herausfinden, dass die Richtlinien-Konformität zahlreiche weitere Vorzüge mit sich bringt. Am Ende werden schließlich Tausende von Unternehmen feststellen, dass sie damit nicht nur einen Punkt auf der To-Do-Liste abgehakt haben, sondern auch den Weg für zukünftige Erfolge geebnet haben.