10 Jahre Whistleblowing und WhistleB am World Whistleblower Day

22. Juni, 2021

Am 23. Juni wird der internationale Tag des Whistleblowers begangen, der World Whistleblower Day. An diesem Tag soll den Menschen Wertschätzung und Anerkennung gezollt werden, die bei ethisch nicht vertretbaren oder rechtswidrigen Vorgängen, die diese beobachten oder vermuten, die Stimme erheben. 2021 ist zudem das Jahr des zehnjährigen Bestehens von WhistleB. Wir möchten die Whistleblower der Welt mit diesem Rückblick darauf feiern, wie sich ihre Lage in den letzten zehn Jahren verändert hat, auch dank eines kleinen Beitrags von WhistleB.

Erfahren Sie mehr in diesem Interview mit Karin Henriksson, einer der Gründerinnen von WhistleB, jetzt Bestandteil von NAVEX Global.


Wie hat sich die Einstellung gegenüber Whistleblowing in den vergangenen 10 Jahren verändert? 

Da gab es bedeutende Veränderungen. Als wir vor zehn Jahren mit WhistleB an den Start gingen, fragten die Leute durchaus mal, warum ein Hinweisgebersystem denn nötig sei. Hier in Skandinavien, das für flache Organisationsstrukturen, einen etwas weniger hierarchischen Führungsstil und eine Politik der offenen Tür bekannt ist, ging jeder davon aus, dass alles transparent ist. In anderen Teilen Europas, wie damals Frankreich, begegnete man uns mit der Aussage, dass „dies nicht unserer Kultur entspricht“. In anderen Ländern, zum Beispiel Spanien und Portugal, schränkten Gesetzesvorgaben das anonyme Whistleblowing ein, eventuell aufgrund des negativen Bilds des anonymen Whistleblowings.

Heute wissen wir, dass kein Unternehmen ausgenommen ist, selbst wenn es eine tolle Kultur und eine gute Führung vorweisen kann. Es besteht immer die Möglichkeit, dass sich eine Person unethisch verhält. Unternehmen wissen den Wert des Whistleblowings zu schätzen, sei es aus Gründen der Risikominderung, Kostenreduzierung, des Markensschutzes, der Nachhaltigkeit, des Wohlergehens der Mitarbeiter oder zur Einhaltung des künftigen EU-Rechts, das Organisationen mit 50 oder mehr Mitarbeitern einen Hinweisgeberkanal vorschreibt.


Was hat diesen Wandel zu einer positiveren Wahrnehmung des Whistleblowings angestoßen?

Da würde ich eine Reihe konkreter Ereignisse nennen, die den Wandel beschleunigt haben, angefangen mit dem herausragendsten, der #MeToo-Bewegung. Sexuelle Belästigung ist lange Zeit unter den Teppich gekehrt worden. Dann wurde sie plötzlich durch diese Bewegung und eine Reihe starker, schillernder Persönlichkeiten ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. Whistleblowing wurde verstärkt akzeptiert, Whistleblower wurden gehört und bestärkt. Als Hinweisgeberkanäle, die den Wandel anstießen, dienten allerdings die sozialen Medien und die Massenmedien. Was wir schaffen wollen, sind sichere Kanäle für Unternehmen, damit die Probleme (wenn möglich) innerhalb der Organisation gelöst werden können. 

Ein weiteres „Ereignis“ war der Cambridge Analytica-Datenskandal, ein Fall, in dem wir eine positivere Berichterstattung in den Medien feststellen konnten. Der Whistleblower wurde als Held dargestellt, nicht als Unruhestifter, nicht als Abtrünniger. Dieser neue Ton trug ebenfalls zur Veränderung der Einstellung bei.

Zudem hat sich dieser Einstellungswandel weltweit in Gesetzesänderungen niedergeschlagen. Da sind zum einen strengere Datenschutzgesetze und zum anderen striktere Gesetze zum Schutz von Hinweisgebern und Gesetze gegen Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Hinweisgebern. All dies sind Schritte zu einer geschützteren Existenz für Whistleblower und zu einem transparenteren Geschäftsleben.


Wie haben die Unternehmen reagiert?

Beim unternehmensinternen Whistleblowing gab es einen Spillover-Effekt. Große Unternehmen und einflussreiche Investoren wollten ihre Null-Toleranz beweisen und gegen jede Form von unethischem Verhalten vorgehen, sei es sexuelle Belästigung oder Korruption, Geldwäsche usw. Die Beseitigung dieser Probleme ist jedoch kaum ohne vertrauenswürdige Beweise möglich, Beweise, die nur schnell genug von denen kommen können, die selbst leiden oder einen Verdacht hegen. 

Daraus folgte die Erkenntnis, dass Hinweisgeber am Arbeitsplatz durchaus ihren Wert haben und es wichtig ist, dass sie ihre Stimme geschützt erheben können. Da die Aufdeckung und Lösung von Problemen an ihrem Entstehungsort weniger Schäden und Kosten verursachen, haben Unternehmen begonnen, einen systematischeren Ansatz des Whistleblowings zu verfolgen, vom Aufbau der entsprechenden Kultur bis hin zur angemessenen Handhabung und ggf. Untersuchung von Meldungen. In einigen Fällen bedeutet dies, dass Mitarbeiter und sonstige Interessengruppen auch anonym Vorgänge melden dürfen, in den meisten Fällen umfasst dies die Einrichtung stabiler, sicherer und vertrauenswürdiger Kanäle, um Hinweisgeber zur Meldung zu ermutigen.


Inwieweit wirkt sich die EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern auf den Markt und die Hinweisgeber in der Region aus? 

Die wesentliche Auswirkung wird hoffentlich genau der beabsichtigte Zweck der Richtlinie sein, Verhalten, das gegen EU-Recht verstößt, ans Licht zu bringen, indem sichere Bedingungen für Hinweisgeber geschaffen werden, um Bedenken zu melden. 

In der Praxis bedeutet dies, dass alle Unternehmen in der Europäischen Union mit 50 oder mehr Mitarbeitern über einen Meldekanal verfügen müssen, über den mutmaßliches Fehlverhalten gemeldet werden kann, und dass alle Meldenden und deren Identität geschützt bleiben. Es muss ein Verfahren zur Nachverfolgung dieser Fälle und Rückmeldung an den Hinweisgeber geben, das von einer unabhängigen Person oder Personen verwaltet wird. Den Hinweisgeber in den Mittelpunkt der Verordnung zu stellen, ist bislang beispiellos.

Infolgedessen können wir inzwischen eine ganz neue Nachfrage nach unseren Produkten feststellen. Ein neuer Markt ist entstanden.


Wie war diese zehnjährige Reise für WhistleB?

Sie war wundervoll! Und obwohl sich die Einstellungen, Vorschriften und der Markt (glücklicherweise zum Besseren) geändert haben, ist unser Beweggrund doch immer derselbe geblieben. Sowohl Gunilla als auch ich kamen als Gründerinnen von WhistleB aus Bereichen der Nachhaltigkeit und Geschäftsethik. WhistleB verfolgte von Anfang an das Ziel, die Geschäftswelt, Gesellschaft, Organisationen offener und transparenter zu gestalten. 

Das war und ist der Zweck des WhistleB-Systems. Wir haben festgestellt, dass im Rahmen des US-Gesetzes Sarbanes-Oxley Act von 2002 Telefon-Hotlines für Hinweisgeber eingerichtet wurden. Diese wären in Europa mit unseren zahlreichen Sprachen und strikteren Datenschutzgesetzen allerdings nicht umsetzbar. Außerdem waren wir der festen Überzeugung, dass, solange Hinweisgeber nicht in das System vertrauten, ihre Stimme nicht erheben würden und Unternehmen damit auch nicht den maximalen Nutzen aus deren Meldungen ziehen könnten. 

Also prüften wir Wege, wie Whistleblowing sicher in vielen unterschiedlichen Sprachen funktionieren könnte, um die Schwelle für Hinweisgeber so gering wie möglich zu halten. Wir haben eine webbasierte Plattform für die sichere Handhabung von Meldungen entwickelt, in die wir von Anfang an die Möglichkeit zum Dialog mit dem anonymen Hinweisgeber integriert haben. 

Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass inzwischen ein Großteil der Organisationen denselben Weg eingeschlagen hat. Dieses Jahrzehnt war eine Zeit, in der sich Unternehmen verstärkt ihrer sozialen Verantwortung bewusst wurden und sich um Transparenz und ethischere Praktiken bemühten. Whistleblowing ist zunehmend zum Bestandteil dieser Anstrengungen geworden.


Wie ist das Unternehmen gewachsen? 

Wir sind viele Jahre lang gemeinsam mit unseren Kunden und im Einklang mit deren Bedürfnissen gewachsen. Seit Ende 2019 sind wir Teil von NAVEX Global. Dies hat uns die Möglichkeit gegeben, mehr Anstrengungen in die Online-Entwicklung unserer Dienstleistung zu stecken, und als Bestandteil eines führenden Compliance- und Risikounternehmens können unsere Kunden nun auch eine Bandbreite weiterer Compliance-, USG- und Risiko-Tools in Anspruch nehmen. 

Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor für unser Wachstum ist unser Team. Wir arbeiten mit einer fantastischen Gruppe von Menschen, die seit Jahren in verschiedenen Ländern und online tätig sind. Wir stehen an der Speerspitze in der Telearbeit, allerdings braucht es dafür selbstmotivierte Mitarbeiter, die eigenständig Verantwortung übernehmen und Initiative ergreifen. Und genau das haben wir in unserem Profiteam.

Meiner Ansicht nach sind wir angesichts unserer zehnjährigen Erfahrung mit einer Online-Whistleblowing-Plattform bestens für weiteres Wachstum positioniert. Heutzutage suchen Unternehmen verstärkt nach digitalen Lösungen für Compliance- und Risikoaspekte, und als Pionierunternehmen im Bereich Whistleblowing genießen wir einen eindeutigen Vorteil.  


Wie hat sich das Produkt entwickelt? 

Wir waren von Anfang an digital, und kürzlich haben wir erhebliche Investitionen in die Online-Einführung, Beschaffung und Digitalisierung weiterer umliegender Prozesse getätigt. 

Die Benutzerfreundlichkeit steht dabei stets an erster Stelle. Eine intuitive Bedienung des Meldekanals erleichtert dem Hinweisgeber die Meldung. Aber auch für diejenigen, die die Meldungen bearbeiten oder untersuchen, ist eine intuitive Bedienung hilfreich, um ohne Weiteres einen strukturierten Prozess anzuwenden und neue Verordnungen einzuhalten. Besonders wichtig ist dies für das große Segment der KMU, von denen wir wissen, dass sie in den kommenden Jahren unsere Unterstützung benötigen.

Eine einfache Bedienung ist jedoch nicht als mangelnde Komplexität der Funktionen zu verstehen. Im Laufe der Jahre haben wir die Funktionalität aufgrund von Kundenwünschen zunehmend erweitert. Das System ermöglicht den Dialog mit anonymen Hinweisgebern. Es integriert unterschiedliche Benutzerrechte und die sichere Kommunikation zwischen Benutzern. Unternehmen können zwischen verschiedenen Kanälen für verschiedene Arten von Empfängern oder Hinweisgebern wählen und verfügen über hochwertige Statistik- und Berichterstattungsfunktionen.

Folglich haben wir in jüngster Zeit einige Mühen in die Aufmachung der Dienstleistung investiert. Wir wollen unseren Kunden die Möglichkeit bieten, nur das auszuwählen, was sie wirklich brauchen, zum Beispiel nur eine Sprache für ein kleineres nationales Unternehmen, jedoch 60 und mehr Sprachen und eine Bandbreite an Kanälen für ein multinationales Unternehmen.


Was ist Ihrer Ansicht nach aktuell die Nische des WhistleB-Produkts?

Uns zeichnet insbesondere die Fähigkeit aus, europäische Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe, rasch und einfach mit einem Hinweisgebersystem auszustatten, einschließlich eines soliden Einführungsverfahrens. Unser System entspricht den Vorgaben der DSGVO und der EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern


Was können wir künftig vom WhistleB-Produkt erwarten?

Als Unternehmen von NAVEX Global sind wir optimal aufgestellt, um die WhistleB-Dienstleistung zügig weiterzuentwickeln, da die Digitalisierung sowohl die Anforderungen als auch die Lösungen zunehmend forciert. WhistleB bleibt weiterhin ein starkes, eigenständiges Produkt innerhalb des NAVEX Global-Dienstleistungsportfolios, das in erster Linie auf europäische Unternehmen ausgerichtet ist, die auch international tätig sind.  Außerdem beobachten wir, dass europäische Kunden besonderen Wert auf Datenschutzaspekte legen, auf die wir uns weiter verstärkt konzentrieren werden. Wir freuen uns, dass wir unseren Kunden als NAVEX Global-Produkt ein breiteres Compliance-Angebot aus einer Hand bieten können.

Besonders hervorheben möchte ich auch unser WhistleB-Partnerprogramm. Wir arbeiten bereits seit Langem mit Partnern zusammen, aktuell stellen wir allerdings in Europa eine erhöhte Nachfrage von Fachbereichen, wie beispielsweise Anwaltskanzleien, Ermittlern, Arbeitsrechtlern und anderen, fest, die eine Zusammenarbeit mit uns anstreben. WhistleB bietet eine sichere, benutzerfreundliche, webbasierte Plattform, und unsere Partner stellen ihr Know-how in der Bearbeitung und Untersuchung von Meldungen bereit. 

Wir zählen aktive Partner in ganz Europa, und unsere gemeinsamen Kunden profitieren von der Expertise zweier Unternehmen, die den Empfang, die Bearbeitung und Untersuchung von Meldungen abdeckt. 


Wie sieht es in 10 Jahren für Whistleblowing und Hinweisgeber aus? 

Für das kommende Jahrzehnt gehe ich davon aus, dass ein unternehmensinternes Hinweisgebersystem zum Standard gehören wird, der ganz selbstverständlich vorausgesetzt wird. Die unternehmerische Verantwortung steigt zusammen mit der Bekämpfung der Korruption, die mit unglaublichen Schäden für die Gesellschaft einhergeht, der Belästigung und des Mobbings, die so viel Leid nach sich ziehen, oder anderer gesellschaftlich schädigender Verhaltensweisen.

Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber umfasst auch die Verantwortung, Probleme intern zu melden, und Loyalität gegenüber Arbeitnehmern bedeutet, eine sichere Meldung zu gewährleisten. 

Hinweisgeber werden als Inbegriff der beruflichen oder moralischen Integrität, als Triebkräfte für Veränderung und wertvolle Angehörige des Unternehmens oder Netzwerks angesehen. Das ist zumindest meine Hoffnung!


Nützliche Whistleblowing-Ressourcen zum zehnjährigen Jubiläum und World Whistleblower Day

Um Unternehmen zu ermutigen und zu fördern, Whistleblowing und Hinweisgeber zu unterstützen, stellen wir folgendes Material zur Verfügung:

Happy World Whistleblower Day!

Karin Henriksson, Gründungspartnerin und Senior Advisor, WhistleB 
karin.henriksson@whistleb.com
+46 70 444 32 16 

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