Die EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern: Wie kommen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung voran?

3. August, 2021

Es sind noch weniger als sechs Monate bis die Frist (17. Dezember 2021) für die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern (2019/1937) für die EU-Mitgliedstaaten abläuft. Die Fortschritte, die in den einzelnen Ländern gemacht wurden, sind immer noch sehr unterschiedlich.  

Nur eines der 27 Mitgliedstaaten hat die Richtlinie bisher umgesetzt. Es handelt sich dabei um Dänemark. Dort wurde das neue Gesetz zum Schutz von hinweisgebenden Personen (Lov om beskyttelse af whistleblowere) am 24. Juni 2021 verabschiedet.  Von den verbleibenden 26 Mitgliedstaaten haben 21 mit der Umsetzung begonnen. Jeder einzelne von ihnen befindet sich jedoch in verschiedenen Phasen des Gesetzgebungsverfahrens – von der Vorlage von Gesetzesentwürfen über Lesungen bis hin zur Durchführung öffentlicher Beratungen. Eine geringe Anzahl von Mitgliedstaaten hat noch nicht mitgeteilt, ob sie begonnen haben, an der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht zu arbeiten.

Hürden bei der Umsetzung

Eine Reihe von Faktoren hat dazu geführt, dass die Umsetzung in allen Mitgliedstaaten und aufgrund bestimmter Einzelfälle nur langsam voranging.

Die Pandemie …

Covid-19 war ganz offensichtlich einer der Gründe dafür, denn die meisten Länder haben ihre Gesetzgebungsinitiativen in vielen Bereichen aufgeschoben, um sich darauf zu konzentrieren, die Pandemie zu bekämpfen.  Ironischerweise haben jedoch die ergriffenen Maßnahmen selbst – insbesondere die Art und Weise der Beschaffung großer Mengen an Schutzausrüstung – im Nachhinein genaue Prüfungen nach sich gezogen und bestätigt, dass es notwendig ist, Personen, die potenzielle Korruptionsfälle melden, auch in Zeiten öffentlicher Krisen zu schützen.

Bürokratie …

Einige Länder haben Probleme mit der Verabschiedung von Gesetzen in den laufenden Legislaturperioden und andere könnten diese bald bekommen.  Dies birgt das Risiko, dass langwierige rechtliche Verfahren nicht rechtzeitig abgeschlossen werden können und praktisch wieder von vorne begonnen werden muss, sodass die Umsetzung nicht vor Ablauf der Frist im Dezember abgeschlossen werden kann. Ein Beispiel dafür ist die Tschechische Republik, in der Anfang Oktober Parlamentswahlen anstehen.  Ähnlich sieht es in Deutschland aus, da dort im September die Bundestagswahl und andere Wahlen stattfinden werden. 

Ausweiten oder nicht ausweiten …

Die vielleicht größte Hürde bei der Umsetzung ist jedoch die Debatte darüber, ob die Mitgliedstaaten zusätzliche Bestimmungen in den neuen Gesetzen festlegen sollten, die über die in der Richtlinie festgelegten Mindestanforderungen hinausgehen.  Die EU hat wiederholt betont, dass sie es befürwortet, wenn Mitgliedstaaten Bestimmungen festlegen, die über die Mindestanforderungen hinausgehen, insbesondere für den Schutz von Personen, die nicht nur Verstöße gegen EU-Recht, sondern nationales Recht melden.

Hinweis: Die EU kann keine nationalen Gesetze erlassen.  Aufgrund dieser Einschränkung ist es für sie nur möglich, eine Richtlinie zu entwerfen, die den Schutz von hinweisgebenden Personen im Bereich des EU-Rechts regelt, wobei Bestimmungen festgelegt und Empfehlungen gegeben werden können, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, bei der Umsetzung in nationales Recht weiterführende Maßnahmen festzulegen, die über die „Mindestanforderungen“ hinausgehen, die als erster gemeinsamer Standard dienen.

Hinsichtlich der Festlegung zusätzlicher Anforderungen kam es vor allem zu Interessenskonflikten zwischen den beteiligten Parteien.  In Deutschland sind sich beispielsweise das SPD-geführte Bundesjustizministerium und die Union nicht einig, in welchem Umfang die Richtlinie umgesetzt werden soll. Im April 2021 lehnte die CDU/CSU den durch das Bundesjustizministerium im Dezember 2020 vorgelegten Entwurf ab, der über die Mindestanforderungen der EU hinausging.  Der Hauptgrund für die Ablehnung waren die angeblich zu erwartenden Mehrkosten, die dann von den Unternehmen getragen werden müssten. Wenn Sie mehr über die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland erfahren möchten, kontaktieren Sie uns einfach – wir unterstützen Sie gerne mithilfe unseres WhistleB-Partnernetzwerks in Deutschland.

Wie könnte eine Ausweitung des Umfangs in nationalen Gesetzen aussehen?

Was den endgültigen Umfang der nationalen Umsetzungen der EU-Richtlinie angeht, sind noch viele Fragen offen.  Es wird sich noch zeigen, ob die Länder die Vorgaben in der Richtlinie genauso übernehmen und damit lediglich die festgelegten Mindestanforderungen in nationales Recht umsetzen oder ob sie, wie von der EU empfohlen, die Möglichkeit nutzen, diese auszuweiten, um solidere und umfangreichere Rahmenbedingungen festzulegen.

Die wahrscheinlich wichtigste Entscheidung, die die Mitgliedstaaten treffen müssen, ist, ob die Gesetze zur Richtlinie nicht nur Verstöße gegen EU-Recht, sondern auch gegen nationales Recht abdecken sollen.  Dies würde zu bedeutenden Unterschieden führen, denn wenn der Anwendungsbereich nicht auf diese Weise ausgeweitet wird, besteht die Gefahr, dass ein unausgewogenes System entsteht, in dem diejenigen, die geringfügige Verstöße gegen das EU-Recht melden, besser geschützt sind als Personen, die schwerwiegende Verstöße gegen das nationale Recht melden. 

Einige Länder sind jedoch bestrebt, die Gelegenheit zu nutzen, um hinweisgebenden Personen noch mehr Schutz zu bieten. Rumänien hat beispielsweise vorgeschlagen, dass das nationale Gesetz folgendes abdecken soll: „jeden Verstoß gegen eine rechtliche Verpflichtung sowie Handlungen und Unterlassungen, die dem Ziel oder Zweck des Gesetzes widersprechen, einschließlich der Nichteinhaltung ethischer und beruflicher Regeln“. Falls Sie weitere Informationen zur Umsetzung der Richtlinie in Rumänien wünschen, kontaktieren Sie uns einfach – wir unterstützen Sie gerne zusammen mit unserem WhistleB-Partnernetzwerk in Rumänien. 

Schweden ist ein weiteres Beispiel für ein Land, in dem das vorgeschlagene nationale Gesetz auch die Personen schützt, die Verstöße gegen schwedisches Recht melden und Informationen über Fehlverhalten liefern, die zwar keinen Gesetzesverstoß darstellen, bei denen es aber im Interesse der Öffentlichkeit ist, dass die Angelegenheit bekannt wird. Wenden Sie sich einfach an uns – wir unterstützen Sie gerne, indem wir den Kontakt zu unserem WhistleB-Partnernetzwerk in Schweden herstellen.

Darüber hinaus wurde das Thema „anonyme Berichterstattung“ rege diskutiert.  In der Richtlinie wird zwar deutlich gemacht, dass Personen, die Hinweise anonym geben, im gleichen Umfang geschützt werden sollten wie alle anderen, aber Organisationen werden nicht dazu verpflichtet, auf Meldungen aus anonymen Quellen tatsächlich zu reagieren und diese zu untersuchen.  

Hinweis: Das Argument, dass es zu schwierig sei, Berichte aus anonymen Quellen zu untersuchen und Beweise zu finden, mag in der Vergangenheit teilweise zugetroffen haben.  Heutzutage ist es jedoch dank technologischen Fortschritten, beispielsweise beidseitig verschlüsselter Kommunikation, einfach möglich anonyme Berichte weiterzuverfolgen und zusätzliche Informationen von der hinweisgebenden Person zu erhalten, ohne dass die Identität offenbart werden muss. Die Person kann somit die ganze Zeit über anonym bleiben. 

Weitere bedeutende Aspekte, die in den verschiedenen Mitgliedstaaten diskutiert werden, sind:

  • Maßnahmen zum Schutz von hinweisgebenden Personen, die Whistleblowing-Meldungen in den Bereichen nationale Sicherheit und Verteidigung übermitteln (z. B. Estland)
  • Bereitstellung von finanzieller und psychologischer Unterstützung für Hinweisgebende (z. B. Frankreich)
  • Einführung der persönlichen Haftung für Personen, die Vergeltungsmaßnahmen gegen Hinweisgebende ergreifen (z. B. Bulgarien)
  • Erweiterung der Definition für den Begriff „hinweisgebende Person“ (z. B. Portugal)

Wie sieht das dänische Gesetz aus?

Da Dänemark nun als erster Mitgliedstaat die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt hat, werden die anderen EU-Länder bei der eigenen Umsetzung zweifellos auf die Standards und potenziellen Präzedenzfälle achten, die geschaffen werden.

Im dänischen Gesetz wurde eine Art Mittelweg durch die involvierten Parteien gefunden, bei dem die Anforderungen in einigen Bereichen ausgeweitet und in anderen nur die Mindestanforderungen umgesetzt wurden.  Das dänische Gesetz zum Schutz von hinweisgebenden Personen sieht deshalb wie folgt aus:

  • Es umfasst Bestimmungen, die nicht nur Meldungen zu Verstößen gegen EU-Recht, sondern auch gegen nationales Recht und schwerwiegende Gesetzesverstöße (einschließlich Bestechung, Korruption, sexuelle Belästigung) abdecken.
  • Hinweisgebende Personen, die sich unter bestimmten Umständen (z. B. bei einer unmittelbaren Bedrohung) dazu entschieden, den Vorfall öffentlich zu melden, werden geschützt.
  • Für Meldungen, die die nationale Sicherheit oder Angelegenheiten betreffen, die unter das Anwaltsgeheimnis fallen, oder sich auf Informationen zur Gesundheit beziehen, die vom Gesundheitsgesetz abgedeckt werden, sind keine Schutzmaßnahmen enthalten.
  • Es wurden keine Anforderungen festgelegt, die Organisationen dazu verpflichten, auf anonyme Meldungen zu reagieren oder diese zu untersuchen.

Wenn Sie mehr über das dänische Gesetz erfahren möchten, wenden Sie sich einfach an uns – wir stellen auch gerne den Kontakt zu unserem WhistleB-Partnernetzwerk in Dänemark her.

Wie geht es nun weiter?

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Mitgliedstaaten in den nächsten Monaten sehr aktiv sein werden, da sie die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht vorantreiben und vor dem Stichtag abschließen möchten.  Es bleibt abzuwarten, ob dies allen Ländern gelingen wird.

Die Mindestanforderungen der Richtlinie werden, auch falls sie zu dem Zeitpunkt noch nicht in nationales Recht umgesetzt sind, dennoch in jedem Mitgliedstaat ab dem 17. Dezember gelten.  Die Lösung von WhistleB erfüllt diese Mindestanforderungen, einschließlich der Vertraulichkeit, Sicherheit, fristgerechten Rückmeldung, sorgfältigen Fallbearbeitung und DSGVO. 

Die EU hat nicht signalisiert, dass die Frist verlängert wird. Unternehmen sollten deshalb entsprechend handeln und die Gelegenheit nutzen, um optimale Verfahrensweisen einzuführen, die auch auf internationaler Ebene angewendet werden können, damit sie für alle Eventualitäten gewappnet sind.

Wenn Sie mehr über die Richtlinie erfahren und Tipps erhalten möchten, wie Sie sich darauf vorbereiten können, sehen Sie sich die Informationen in WhistleBs Ressourcencenter zur EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern an oder besuchen Sie https://www.navexglobal.com/en-gb/campaigns/2021-year-of-the-whistleblower.

Eventuell interessieren Sie sich auch für eine kostenlose Demo des WhistleB-Systems, um herauszufinden, wie es Ihnen helfen kann, die Anforderungen der Hinweisgeberrichtlinie der EU zu erfüllen.

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